Ausgabe

GOLDACH

No. 49 | 2024/2

Das «Obacht Kultur» N° 49, 2024/2 geht dem Fluss nach.

Auftritt: Maria Tackmann;
Bildbogen: Sven Bösiger; Reinhard Tobler
Texte: Leta Semadeni, Valentin Lanz, Gioia Dal Molin u.v.m.

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Gedächtnis

Das Schwimmbad an der Goldach

von Myrta Gegenschatz

«Erfrischendes Bergwasser, würzige Waldluft, Rasenplätze zum Aussonnen.» So pries Kantonsschullehrer Albert Nägeli in einem Zeitungsartikel 1933 das Schwimmbad in Trogen an.
Bevor es so paradiesisch wurde, gab es Handlungsbedarf: «Die Badegelegenheiten in Trogen sind bis heute ganz ungenügende, besonders im Hinblick auf die grosse Zahl junger Leute an der Kantonsschule und den gegenüber früheren Jahren viel lebhafteren Sportbetrieb», stellte die durch private Initiative ins Leben gerufene Badgesellschaft Trogen im März 1930 fest. Sie reichte beim Regierungsrat ein Gesuch für die Erteilung der Bewilligung zum Bau eines Schwimmbades in der Goldach ein. Denn das bereits 1917 für den Schulsport errichtete Schwimmbecken, das heute als Biotop neben dem Pavillon und dem roten Schulhaus auf dem Areal der Kantonsschule Erholung bietet, genügte nicht mehr.

5000 Quadratmeter Wasseroberfläche, 10 Minuten vom Dorfplatz
Das neue Projekt sah eine Stauung im Bachbett der Goldach unterhalb von Trogen mittels eines zwanzig Meter breiten Dammes vor. Ziel war es, damit eine Wasserfläche von hundert Metern Länge entstehen zu lassen und den Flusslauf auf insgesamt vierzig Meter zu verbreitern. Für das Dorf und für die Kantonsschule sollten so einerseits eine gute Badeanlage und andererseits die Voraussetzung für eine ungefährliche Eisbahn im Winter entstehen. Vor dem Bau gab es Fragen in Bezug auf eine Fischtreppe, Verunreinigung sowie die Wasserkraft für das Elektrizitätswerk Lochmühle und die Zwirnerei Oberach zu klären, denn schon vor rund hundert Jahren nutzte man die Goldach intensiv.

Die goldene Schwimmbad-Ära in Appenzell Ausserrhoden
Die 1930er-Jahre waren das Jahrzehnt der Schwimmanlagen in Appenzell Ausserrhoden. So eröffneten zwischen 1930 und 1934 Freibäder in Gais, Trogen, Waldstatt, Heiden, Teufen und Walzenhausen. Kurorte ohne diese Errungenschaft mussten geradezu fürchten, den touristischen Anschluss zu verlieren. Im Tourismusmagazin «Das Appenzellerland» publizierte die Gemeinde Trogen 1931 eine grosse Anzeige als Ferien- und Luftkurort. Auf dem veröffentlichten Foto sind die Qualitäten des Bades gekonnt in Szene gesetzt. Die grosszügigen Dimensionen, die Naturidylle, viele Badegäste und ein volles Paddelboot unterstreichen das besondere Vergnügen. Kantonsschullehrer Albert Nägeli scheute sich in seinem im Juli 1933 erschienen Zeitungsartikel auch nicht, das Schwimmbad Trogen gegen die Konkurrenz auszuspielen: «Unser Schwimmbad ist kein Sportbad für ein verwöhntes Ferienpublikum, wie das von Heiden, aber es hat schon mehrmals bewiesen, dass es für die Abhaltung von Wettkämpfen […] wohl geeignet ist.» Postkarten aus der Zeit von 1931 bis 1961 belegen die Bewerbung und Pflege dieses Images als aussergewöhnliche Badeanstalt über drei Jahrzehnte hinweg.

Naturgefahren und Finanzierungsfragen
Durch Verschlammung infolge von Gewittern und Hochwasser bekam diese Idylle jedoch bald Risse. So fand am 1. März 1936 in Trogen eine ausserordentliche Gemeindeversammlung statt: Die Gemeinde sollte 16 000 Franken für die erforderlichen baulichen Anpassungen übernehmen. Rektor Ernst Wildi betonte in der Diskussion die Bedeutung der Anlage für die Kantonsschule. Der Antrag wurde schliesslich gutgeheissen. Das besonders gelegene Bad blieb jedoch Naturgefahren und den damit verbundenen Finanzierungsproblemen ausgesetzt. So sprach der Kantonsschulverein von 1938 bis 1955 zwar immer wieder Beiträge, die Gemeinde Trogen hingegen war nicht bereit, das Schwimmbad zu übernehmen. Eine letzte Finanzierungsanfrage beim Kantonsschulverein wurde durch die Liquidation der Schwimmbadgenossenschaft bzw. den Verkauf der Liegenschaft im Jahr 1961 an den Schreiner Otto Brogli hinfällig. Fortan bezahlten Schwimmbadbesuchende Eintritt und konnten sich am neuen Kiosk verpflegen. Der Badebetrieb wurde ab 1975 unter der Jäggi H. und G. AG weitergeführt. Die Konkurrenz für das Naturbad durch beheizte Schwimmbäder mit aufbereitetem Wasser – wie beispielweise in Rehetobel – war jedoch gross, was zu einem Besucherrückgang führte. Schliesslich wurde das Bad Trogen bei einem Unwetter im Jahr 2002 in grossen Teilen zerstört und aufgegeben.

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