Ausgabe

STIMMIG

No. 35 | 2019/3

«Obacht Kultur» N° 35, 2019/3 ertönt vielstimmig.

Auftritt: Beatrice Dörig;
Bildbogen: Lika Nüssli und Gabriela Krapf;
Texte: Guy Krneta, Christian Zehnder, Ludwig Hasler u.v.m.

PDF (ohne Auftritt in der Heftmitte)
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Gedächtnis

Die Individualität des Naturjodels

Frischluft

Ein Garten für Orpheus

Radar

Was singt denn da?

«Obacht Kultur» N° 35, 2019/3 klingt vielstimmig und zeigt, dass Singen immer und überall geht. Es bewirkt insgesamt viel Gutes, für das Individuum wie für die Gesellschaft. Sobald eine Stimme zu einem Lied anhebt, Töne sich zu einer Melodie formen, wird ein Raum gebaut. Ein paar Orte, wo Singen Situationen erzeugt, sind in der Ausgabe exemplarisch zusammengestellt. Sie sind ergänzt mit drei ebenso exemplarischen Porträts von Personen, denen Singen ein unstillbares Bedürfnis ist. Mit Texten von Guy Krneta, Ludwig Hasler und Christian Zehnder sowie Bildern von Gabriela Krapf und Lika Nüssli. Für den Auftritt in der Heftmitte hat Beatrice Dörig mit zwei überlagerten Linienzeichnungen ein schwebendes Gebilde gestaltet. Die Gedächtnistexte erzählen von der vielfältigen Bedeutung des Singens über die Jahrhunderte hinweg.

Web-Mehrwert

Ergänzende Inhalte zu
der gedruckten Ausgabe
Auftritt

«DUALE COMPOSITION III»

Beatrice Dörig, 2019

Kugelschreiber auf Pergaminpapier, 35 x 48 cm

Text

«The Boys in the back»

Steff Signer, 2019

Ja, ich bin in erster Linie ein Mensch. In zweiter Linie aber war ich ein Hippie. Einer, der immer Humor hatte, oft einen schrägen Humor. Meine Tochter kann es bezeugen.

Wenn ich dann eine Reise durch die Radio-Onkologie beschreibe, dann kommt das im Nachhinein einfach sehr dramatisch rüber, oft zu dramatisch. Ich bin aber keine Drama-Queen. Krebs geschrieben kommt wie Tod rüber. Erzählte ich davon in meiner eigenen Sprache und in meiner eigenen Sprachmelodie und dem Aufheller meiner positiven Stimmung, dann kämen wir der Wahrheit etwas näher.

Letzten Donnerstag wurde ich nach der Bestrahlung komplett geschafft im Rollstuhl durch gefühlte kilometerlange Gänge im Spitaluntergrund ins Zimmer zurücktransportiert. Zum ersten Mal schwitzte ich im Tomograph, obwohl der sehr kräftig runtergekühlt wird, den ganze Raum in einen kalten Luftzug versetzt. Deshalb werden die unbestrahlten Körperstellen mit vorgewärmten Tüchern bedeckt. Als ich in den Tomograph eingeschoben wurde, merkte ich, dass “es“etwas anders ist als sonst. Als ob sich aufkeimende Panik bemerkbar machen wollte, als ob ein Damm der Emotion brechen könnte. Wohl einerseits wegen der Chemo, andererseits hinterlassen fünf Wochen Bestrahlung einfach “Wunden“, nicht nur äusserlich, auch innerlich. Der Körper wird ständig geärgert, geplagt, maltraitiert und geschunden. Heilung durch Folter?

Am Tag danach, am Freitagmorgen erwachte ich früh und ein Gedankenimpuls explodierte in mir:

THE BOYS IN THE BACK müssen her!

Genial! Ich hatte ja noch meine Reserve zur Unterstützung meiner angeschlagenen Vitalität. “The Boys in the back“ in ihren “Shitkickers“ (Schlangenlederschuhe, nach Vorne zugespitzt, um den getrockenten Dung in der Prairie wegzukicken). “The Boys in the back“, die interstellaren Cowboys, meine Zen-Body-Guards. “The Boys in the back“ begleiten mich heute zum Tomographen. High-Tech-Med versus Henderland-Voodoo once again.

Und so war es denn auch.

Ich wurde präpariert, in die Röhre geschoben. Dann en position: Je 10 Cowboys mit Stetson auf dem Kopf stehend in einer Reihe links und rechts. Als ich anfing zu singen hängten sie sich ein und wippten feierlich mit. Als ich mein Mantram betete zogen sie die Hüte und standen feierlich mit den Händen gekreuzt, Schritt den Hut dazwischen, wie in der Kirche. Beim zweiten Durchgang vom Lied wippten und schaukelten sie wie zu beginn, ja, schon beinahe etwas ekstatisch und ich musste mich zusammennehmen, dass sich mein Ausdruck im Körper, mein Tappen des Taktes mit den Füssen nicht subversiv bemerkbar machte. Der Innenraum des Tomographen wird mit Mikro und Kamera...begleitet, nicht überwacht.

Nix schwitzen!

Nix Panik!

Wieder in der alten Kraft!

De henderländisch Gsondsinger.

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Text

«Die Sängerfahne»

Johann Heinrich Tobler, 02.08.1827

Die Sängerfahne

Seht die Sängerfahne weh’n!
Lei’r und Schwert im Bunde stehen,
Eichenkranz in Tellens-Pfeil.
Und der Bär so licht umflossen
Von dem Kreuz der Eidgenossen
Heil! Dem Sängerbunde Heil!
….
Her ihr theuren Landes-Brüder.
Her zur Fahne! singt ihr Lieder,
Weiht sie unserm Bunde hier!
Harmonie schliess’ ihn stets enger,
Lang besteh’ er! und der Sänger?
Nie verlass’ er dies Pannier!»  

(Auszug aus Lied «Die Sängerfahne», komponiert von Johann Heinrich Tobler zur Weihe der ersten Fahne des Appenzellischen Sängervereins am 2. August 1827)

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«Sängerfahnen»

Museum Herisau, Diverse
Video

«neues Kinderdorflied»

Stiftung Kinderdorf Pestalozzi Trogen, 2019
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«Wenn alle Kinder auf Erden»

Stiftung Kinderdorf Pestalozzi, Trogen, ca. 1950